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Cotopaxi (5.897m)

Diesen Giganten gilt es zu besteigen: Cotopaxi (5.897m) - der dritthöchste aktive Vulkan der Welt. 


Am Vorabend. Sicht vom Camping Platz im Cotopaxi Nationalpark auf 3.800m. Ich bin bestens akklimatisiert. Gut vorbereitet. Habe heute schon 4 Liter Wasser und 1 Liter Coca-Tee getrunken. Weitere 2 Liter werden nachts folgen. Völlig unverständlich habe ich aber hier schon Kopfweh. Obwohl ich mich seit 3 Wochen auf dieser Höhe befinde... 
19.00: Schlafsack ausrollen. 22.00: Schlafsack einrollen. Geschlafen habe ich nicht.



Wir starten um 00.30 vom Parkplatz auf 4.500m (das Refugio auf 4.800m, wo man normalerweise den Aufstieg beginnt, war leider geschlossen). Das bedeutet 300 Höhenmeter mehr zu besteigen. 

Das Wetter ist toll. Fast Vollmond. Ich brauche nicht einmal meine Stirnlampe. 5.000m. Ich erreiche den Gletscher, hier wird mir schon schlecht. Ich musste einen schlechten Tag erwischt haben. 1 Woche zuvor hatte ich am Iliniza Norte (5.126m) nicht einmal Kopfschmerzen. Aber nicht daran denken. Ein Schritt. Noch ein Schritt. Nach 1,5 Stunden frage ich Francisco, meinen Guide: "Welche Höhe haben wir?" Es mussten sicher schon 5.400m sein. Er antwortete: "5.100m." Nach weiteren 2 Stunden frage ich noch einmal. Bestimmt hatten wir jetzt 5.600m. Er antwortete: "5.300m." Ich zwinge mich, meine Banane zu essen. Schon gefroren. Mmh... Bananeneis. 

Auf 5.3k kann ich nicht mehr aufrecht stehen. Schwindel. Speiübel. Kopfweh. Der schöne Schnee. Weich. Ich will schlafen. Francisco ruft. Ich richte mich auf. 10 Schritte. Sitzen. 10 Schritte. Sitzen. 10 Schritte - Sitzen. Weich. Ich will schlafen. Wo ist mein Eispickel? Hier. Ok aufrichten. So mühe ich mich noch auf 5.528m. Es ist 05:30 morgens. Ende im Gelände. "Francisco. Stop." Auch die 3 Spanier, die ich überholt habe, machen hier Schluss. Deren Problem: sie bekommen keine Luft mehr. Mein Problem: ich kann tief durchatmen, aber mir ist extrem schlecht und das macht mich schwach. Ich liege im Schnee. 15 Minuten. Ich erlebe den Monduntergang. Ich erlebe den Sonnenaufgang. Hoch über den Wolken. Ich sehe hinten Quito leuchten. 


Ich bin stolz, "Stop" gesagt zu haben. Vielleicht hätte ich noch 100 Höhenmeter mehr geschafft. Dann wäre ich aber nicht mehr hinunter gekommen. Aber nicht im Konjunktiv denken. Jetzt: Die Aussicht genießen. Den Moment speichern. In einer Zeitkapsel festhalten. Für immer behalten. Und immer wieder abrufen. Solange Du lebst, bist Du ewig. Der Gipfel ist da, wo man selbst ist. 


Auch wenn der Gipfel so nahe scheint. Die 370 Höhenmeter, die mir zur Spitze fehlten, waren an diesem Tag unerreichbar für mich. 


Beim Abstieg sehe ich erst, an welchen gewaltigen Eisformationen und Gletscherspalten ich in der Nacht vorbeigegangen bin. Atemberaubend - Atem raubend. 



Ein Panorama-Video an dieser Stelle (5.300m) sehen Sie hier:


An diesem Abschnitt zieht mich Francisco am Seil hinunter. Ich kann nicht mehr stehen. Juhuuu -  Gletscherabfahrt am Rücken. 


Ein "bisschen" krank.


Wie leicht und eben das doch von unten aussieht. 


4 Stunden später, zurück in meiner Unterkunft auf 2.700m, lege ich mich sofort schlafen. 5 Stunden danach: Kein Schwindel. Keine Übelkeit. Kaum Kopfweh. Eine Massage. Dann war alles wieder gut. Höhenkrankheit - seltsame Krankheit. 

Von den 15 Cotopaxi-Aspiranten schafften es an diesem Tag nur vier. Genau jene 2 Gruppen, die vor mir gestartet sind. Als ich hinunter ging, kam mir niemand mehr entgegen. 

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